Statt einer Fernreise sollte es ein Ziel in Europa sein. Warum Albanien? Noch etwas unbekannt, fremd vielleicht? Wegen der ursprünglichen Natur – war da nicht die Nachricht im Frühjahr über den saubersten Fluss Europas? Oder, für mich als Mitglied der älteren Generation: Noch nicht „angekommen“ in Europa, da im letzten Jahrhundert Jahrzehnte total vom Kontinent abgeschottet? Nun, all das spielte sicher eine Rolle bei der Entscheidung für die Albanien Rundreise.
Er jetzt merke ich, ich habe mich für eines der aktuell europaweit angesagten Ziele entschieden. Denn bei der Recherche vor Buchung fällt mir auf, Albanien ist eines der wenigen Länder, welches sogar in Corona Zeiten die Besucherzahlen gesteigert hat. Dafür ist das Angebot angesichts der Nachfrage noch relativ gering. Das ändert sich fortwährend.
Hierzulande steigt nun die Nachfrage, aber die Besucherströme aus anderen Ländern gibt es schon seit Jahren. In erster Linie aus den Balkanstaaten und Italien kommen Badegäste, die einen (noch) preiswerten Urlaub genießen möchten.
Schon bei der Fahrt von Flughafen zum Hotel in der Innenstadt von Tirana stelle ich fest, das Land – zumindest die Hauptstadt – ist mit riesigen Schritten auf dem Weg nach Europa.
Der Stadtrundgang an diesem Abend und am nächsten Tag bestätigt den ersten Eindruck: hier entwickelt sich eine moderne Stadt mit vielen jungen und aufgeschlossenen Menschen.
Kleinwagen neben Luxuskarossen, Hochhausbauten, E-Scooter, alles wie „zu Hause“ und schon Elektro-Taxen.
Auch die weiteren Tage werden zeigen: Die Infrastruktur aus sozialistischen Zeiten wird zügig modernisiert und es wird daran gearbeitet, dass dies nicht nur in den großen Städten geschieht.
Eindrücke über die Vorgeschichte des Landes, welches erst 1912 ein eigener Staat geworden ist und dessen Führung Jahrzehnte keinen Anschluss an Europa gesucht hatte.
Das römische Amphitheater in der Hafenstadt Durres verdeutlicht, dass die römische Handelstrasse Via Ignatia quer durch Albanien führte. Die Stadt Berat (UNESCO-Welterbe) mit den verwinkelten Gassen, Moscheen, orthodoxen Kirchen und der Festung hoch oben verdeutlicht das Multikulti der ganzen Region.
Einen ersten Eindruck der massiven Bergwelt vermittelt die kurvenreiche Fahrt über den Llogara-Pass.
Beim Anblick der Küstenstadt Saranda wird mir klar, dass einerseits hier schon lange Badetourismus dominiert und andererseits, warum man dieses Ziel bei deutschen Reiseveranstaltern kaum findet. Ungezügelt wird hier schon seit vielen Jahren gebaut und der Ort ist im Sommer überfüllt. Unsere Gruppe übernachtet hier zweimal, um nach kurzer Fahrt den nächsten Höhepunkt der Reise zu erleben.
Die Ausgrabungen des antiken Butrint (UNESCO-Welterbe) erwarten uns. Wunderschön zwischen See und Meer gelegen, was schon Griechen, Römer und Byzantiner begeisterte.
Der Sonnenuntergang mit einem Glas Rotwein in der Hand und den Blick über die Küste bis zur nahegelegenen griechischen Insel Korfu lassen die Bettenburgen im Rücken vergessen.
Weiter geht es ins Landesinnere. Die Straßen schlängeln sich über Pässe und durchs Drinotal nach Gjirokastra (UNESCO-Welterbe). Den Beinamen „Stadt der Steine“ verdankt Gjirokastra seinem einzigartigen Stadtbild. Wir spazieren durch die Altstadt, vorbei an traditionellen Steinhäusern, die an kleine Festungen erinnern.
Es folgt die Fahrt durchs einsame Vjosatal und die raue Bergwelt. Die Vjosa gilt als letzter Wildfluss Europas und wurde vom Staat Albanien im März 2023 über die ganze Länge von mehr als 200 km unter Naturschutz gestellt.
Wir überqueren die Grenze nach Nordmazedonien und besuchen das Kloster Sveti Naum, das über dem Ufer des Ohrid-Sees thront. Die Kirchen von Ohrid (UNESCO-Welterbe) sind mit zahlreichen Fresken versehen und Ziel vieler Pilgerfahrten. Zusammen mit dem Orientflair der Altstadt und der wunderschönen Lage am See sorgen diese für Hunderttausende von Besuchern jährlich.
Ein Pflichtbesuch im Bergstädtchen Kruja am Ende der Reise: Das Museum des albanischen Nationalhelden Skanderbeg erinnert an den Befreiungskampf gegen die Osmanen.
Zusammenfassung und allgemeines:
Das kleine Land, am westlichen Rand der Balkanhalbinsel gelegen, ist umgeben von Montenegro und Kosovo im Norden, Nordmazedonien im Osten und Griechenland im Süden. Luftlinie über die Adria sind es bis Italien ca. 70 km.
Albanien war bis Anfang der 1990er-Jahre das stalinistischste Regime Europas. Erst seit dieser Zeit ist eine langsame Öffnung den anderen Staaten Europas und der Welt gegenüber festzustellen. Angesichts des massiven Aufholbedarfs sind die Fortschritte sehr zügig.
Erfreulich und besser als von mir erwartet:
Angenehm die Freundlichkeit gegenüber den Besuchern, gerade die jungen Albaner sind sehr weltoffen. Fleißig und lernwillig streben diese Richtung Moderne und EU.
In den Hotels, Restaurants und anderen Einrichtungen in den touristischen Orten kommt man mit Englisch gut zurecht. Ab und an wird man sogar in Deutsch angesprochen.
Essen und Trinken: Ein sehr vielfältiges und bekömmliches Angebot. Fleisch, Fisch, Gemüse und Obst. Starker Einfluss der osmanischen und italienischen Küche und je weiter südlich auch griechisch geprägt.
Der genutzte und auch die anderen gesichteten Reisebusse sind modern und ausreichend komfortabel.
Überzeugt bin ich, dass die Zahl der deutschen Touristen, die Albanien besuchen werden, schon kurzfristig ansteigen wird. Dazu beitragen werden nicht nur die zahlreichen Influencer und alle positiven Reiseberichte. Auch die ständig verbesserte Infrastruktur wird dafür sorgen. Für alle, die nach Albanien möchten. Besser jetzt als später!
Ihr Hubert Wendt